Das Wichtigste ist das gemeinsame Ziel

Gemeinsamkeiten von Spitzensport & Unternehmensführung

6. Dezember 2022
Aline Jansen
Seit Jahren ist SIHL einer der Hauptsponsoren der SWD Powervolleys, Dürens Volleyball-Bundesligist. Aber was hat die Arbeit in einem Unternehmen, das sich Werte wie Nachhaltigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Kreativität und Innovation auf die Fahnen geschrieben hat, mit der in einem Sportverein zu tun, bei dem es doch eigentlich nur um eins geht, das Gewinnen? Gibt es Parallelen? Können Leistungssportler und Unternehmen am Ende sogar voneinander profitieren? Stefan Benito, Geschäftsführer der SIHL GmbH, und Rafał Murczkiewicz, in der dritten Saison Chefcoach der SWD Powervolleys, haben sich zum Gespräch getroffen und angeregt über Werte, das Erreichen von Zielen und die aktuelle Situation in der Welt diskutiert.

Sie sind beide ausgewiesene Führungspersönlichkeiten, möchten Woche für Woche Menschen motivieren und mitnehmen. Welche Eigenschaften helfen Ihnen dabei am meisten?

Rafał Murczkiewicz: Für mich und meine Arbeit ist eine gute Kommunikation am aller wichtigsten. Meine Spieler müssen mich verstehen, müssen verstehen, wie ich ticke. Sie müssen aber auch wissen, in welche Richtung wir gemeinsam gehen wollen. Entscheidend ist, dass ich meinen Jungs immer das Gefühl gebe, dass sie jederzeit zu mir kommen können, um über alles zu diskutieren. Es geht nicht darum, auf unserer gemeinsamen Powervolleys-Reise meinen Weg durchzusetzen, es geht ausschließlich darum, den besten Weg für das Team zu finden.

Stefan Benito: Lassen Sie mich da sofort einhaken. Sie sprechen von der „Powervolleys-Reise“, wir nennen es SIHL Journey. Für diese Reise haben wir einen gemeinsamen Weg gezeichnet, den wir beschreiten, den wir gehen möchten. Damit uns das gelingt, brauchen wir ähnlich wie Sie in Ihrer Mannschaft eine gute und offene Kommunikation. Die große Überschrift ist: „Bleibe immer im Gespräch!“ Man muss sich Räume schaffen, in denen man Zeit hat zu kommunizieren. Das tun wir bei der SIHL GmbH beispielsweise mit regelmäßigen Meetings zu festgelegten Zeiten. Und genau wie bei Ihnen ist auch meine Tür für jeden Mitarbeiter immer weit offen. Als Trainer oder auch als Chef ist es zudem wichtig, selbst alles zu tun, was möglich ist, um das erklärte Ziel zu erreichen.

Murczkiewicz: Ja, ohne Zweifel. Überhaupt ist es wichtig, ein gemeinsames Ziel zu haben. Es sollte ein ambitioniertes Ziel sein, aber eben eins, das die Mannschaft oder die Mitarbeiter eines Unternehmens erreichen können und für das alle bereit sind, auch Opfer zu bringen.

Wen beziehen Sie in wichtige Entscheidungen ein?

Benito: Strategische Entscheidung werden vom Group Management-Team der SIHL Gruppe getroffen. Bei allen strategischen Entscheidungen ist immer entscheidend, dass sie zu unserer SIHL Journey passen und dass sie am Ende auch in die Tat umgesetzt werden. Entscheidungen im Tagesgeschäft treffen die jeweils Verantwortlichen.

Murczkiewicz: Ich kann diese Frage nicht so einfach beantworten, weil wir täglich eine Fülle von Entscheidungen zu treffen haben und es immer darum geht, um welche Art von Entscheidungen es sich handelt.

Das heißt?

Murczkiewicz: Naja, geht es um die Taktik und den nächsten Gegner, entscheidet der Trainerstab. Geht es um die Mannschaft, sprechen wir mit den Führungsspielern. Planen wir die nächste Saison, ist die Vereinsführung gefragt.

Sie sprechen von gemeinsamen Zielen, von einer offenen, ehrlichen Kommunikation. Auf welche Werte setzen Sie, um diese Ziele zu erreichen? Welche Werte sollen Ihr Unternehmen, Ihren Club prägen?

Benito: Die SIHL GmbH ist ein innovatives, zukunftsgerichtetes, kollegiales und partnerschaftliches Unternehmen. Um das zu erreichen, braucht es vor allem leidenschaftliche Mitarbeiter mit einem hohen Maß an Verantwortungsbewusstsein und Rechtschaffenheit, die jeden Tag an dem Unternehmenserfolg arbeiten. Unsere vier Werte sind Innovation, Kooperation, Verantwortungsbewusstsein und Leidenschaft. In meiner täglichen Arbeit versuche ich, alle vier auszubalancieren, wobei es natürlich am Ende des Tages immer gilt, die Unternehmensziele zu erreichen.

Murczkiewicz: Bei uns ist die Situation ein bisschen anders. Wir leben und arbeiten in einer Welt, in der es immer nur ums Gewinnen geht, „Business of Winning“ könnte man es auch nennen.  Jede Woche geht es darum, zu gewinnen oder zu verlieren. Dazwischen gibt es nichts. Natürlich haben wir auch größere Ziele, wie das Gewinnen der Deutschen Meisterschaft oder des Pokals zum Beispiel. Und grundsätzlich wollen wir uns stetig verbessern, unser Spiel optimieren. Aber am Ende geht es wirklich nur darum, zu gewinnen – ganz egal wie. Klar, wollen wir immer wunderschönen Volleyball spielen. Aber wenn das eben nicht gelingt, dann freuen wir uns auch über einen „hässlichen“ Sieg. Vielleicht klingt das hart, aber Gewinnen oder Verlieren ist einfach unsere Bestimmung.

Wir leben derzeit in einer Zeit mit riesigen Herausforderungen für die ganze Gesellschaft. In Europa herrscht Krieg, wir sprechen von einer Inflation von nahezu zehn Prozent und explodierenden Energiepreisen. Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit, Ihren Alltag aus?

Murzkiewicz: Die aktuellen Ereignisse haben die Welt des Sports ein Stück weit zerstört. Das muss ich leider so sagen. Die Corona-Pandemie hat eine Saison komplett lahmgelegt, in der zweiten Pandemie-Saison haben wir vor leeren Rängen, also ohne unsere Fans gespielt, was gleichermaßen für die Spieler als auch für den Club, dem ja die Zuschauereinnahmen komplett weggebrochen sind, extrem schwierig war. Auch der Krieg in der Ukraine macht die Situation kompliziert. Die steigenden Energiepreise sind für unseren Verein eine Herausforderung – so wie für alle anderen Menschen auch. Darüber hinaus sind die russischen Teams von den europäischen Wettbewerben ausgeschlossen. Das ist natürlich nachvollziehbar und richtig. Andererseits spielen viele russische Volleyballer in europäischen Mannschaften und distanzieren sich deutlich von dem russischen Einmarsch in die Ukraine. Rein menschlich betrachtet, ist die Situation für mich schwer zu bewerten.

Benito: Der Krieg in der Ukraine folgt unmittelbar auf eine weltweite Pandemie, auf steigende Materialkosten und große Probleme bei den Lieferketten. Was ich sagen möchte: Schon ohne den schrecklichen Krieg wären die Zeiten für Wirtschaft und Industrie ungeheuer herausfordernd. Die explodierenden Gas- und Energiekosten als Folge des Krieges und die Angst der Menschen vor der Gesamtsituation potenzieren das noch einmal. Wir leben in einer echten Krise und steuern in Deutschland womöglich auf eine Rezession zu. Dafür müssen Politik und Gesellschaft gemeinsam tragfähige Lösungen finden. Eine Aufgabe von Menschen in Führungspositionen sollte es in dem Zusammenhang aber auch sein, die positiven Dinge hervorzuheben, Optimismus zu verbreiten und Chancen aufzuzeigen.

Welche Chancen sehen Sie in der aktuellen Situation?

Benito: Zum Beispiel die, dass die aktuelle Energiekrise dazu führt, dass wir endlich den Fokus noch stärker auf den Ausbau erneuerbarer Energien setzen. Wir leben darüber hinaus in einem Land, in dem wir unsere Meinung frei sagen können, in dem wir tun dürfen, was wir möchten. Und wir leben in Frieden.

Murczkiewicz: Sie haben Recht. Wir brauchen mehr Optimismus, wir müssen den Fokus darauflegen, einander zu unterstützen und den Menschen zu helfen, die unsere Hilfe brauchen.